Künstliche Intelligenz in der Gastronomie, Teil 4 - Datenauswertungen für die Gastronomie
Einen Blick in die Zukunft werfen, wer will das nicht? Heute muss man dazu keine Wahrsagerin mehr aufsuchen, sondern setzt auf wissenschaftlich fundierte Prognosen. Ein Schweizer Start-up erstellt jetzt präzise Vorhersagen für Gastronomiebetriebe. Ohne Zauberei, dafür mit künstlicher Intelligenz. In einem exklusiven Interview verrät uns Simon Michel, Founder & CEO von Prognolite, wie Kassendaten automatisch vereint an einem Ort – übersichtlich, intuitiv und jederzeit abrufbar sind.
Herr Michel, Sie sind Mitgründer der Prognolite GmbH. Was macht Ihr Unternehmen?
Simon Michel: Prognolite ist ein digitales Tool, mit dem sich vorhersagen lässt, wie viele Gäste in den nächsten Tagen ins Restaurant kommen, was sie konsumieren und wie viel Umsatz sie generieren werden.
Das klingt wie der Blick in die berühmte Kristallkugel.
Ja, diesen Vergleich hören wir nicht zum ersten Mal. (Lacht.) Im Ernst: Unsere Vorhersagen sind alles andere als Hokuspokus, denn sie fußen auf belastbaren Erfahrungswerten und Daten aus vergangenen Geschäftsjahren. Ausgestattet mit diesem Wissen können Gastronom*innen sowohl den Personal- als auch den Wareneinsatz deutlich besser planen. Sie sparen somit Geld und verringern gleichzeitig den Food Waste.
Wie künstliche Intelligenz Ihren Alltag erleichtern kann
Das Lightspeed Kassensystem hilft Ihnen Aufgaben zu automatisieren, Bestände intelligenter zu verwalten und zu verkaufen. Steigern Sie so Ihren Umsatz.
Also lesen Sie nicht aus der Glaskugel, sondern aus Datenpaketen?
Wenn Sie so wollen, ja.
Welche Daten ziehen Sie für Ihre Prognosen heran?
Um verlässliche Aussagen über die Zukunft treffen zu können, müssen wir die Vergangenheit auswerten. Wir schauen uns dafür die letzten ein bis drei Geschäftsjahre des Betriebs an und werten zunächst die Transaktionsdaten aus dem Kassensystem aus. Das können locker mal bis zu anderthalb Millionen Vorgänge sein, das hat also schon ein gewisses Gewicht. Hinzu kommen Wetterdaten, Feiertage, Ferien, Events usw. Der von uns entwickelte Algorithmus errechnet daraus, wie sich die einzelnen Faktoren in der Vergangenheit konkret auf den Umsatz ausgewirkt haben. Er kann zum Beispiel zeigen, wie viel Geld das Restaurant Kleine Scheidegg in der Jungfrau-Skiregion in den letzten Jahren an einem Samstag mit sonnigem Wetter während der Ferienzeit erwirtschaftet hat. Diese differenzierten Erfahrungswerte werden mit aktuellen meteorologischen Daten, Infos über bevorstehende Events in der Gegend sowie zu Feiertagen und Ferienzeiten zusammengeführt. Am Ende steht dann eine präzise Prognose, wann künftig wie viele Artikel bzw. Menüs verkauft werden und welcher Umsatz gemacht wird, also morgen, in der nächsten Woche oder im nächsten Monat.
Wie präzise ist die Prognose?
Wir sprechen hier von einer durchschnittlichen Genauigkeit von 90 %. Solche Werte erreicht sonst nur ein äußerst erfahrener Restaurantmanager, der mindestens vier Jahre im Betrieb tätig ist.
Für wen sind diese Prognosen interessant?
Die Informationen helfen natürlich dem Restaurantleiter, da er anhand der prognostizierten Auslastung den optimalen Personaleinsatz bestimmen kann. Darüber hinaus weiß der Küchenchef, wie viele Menüs sie höchstwahrscheinlich zubereiten muss, und kann dementsprechend den Wareneinkauf optimieren.
Inwieweit kommt hierbei auch künstliche Intelligenz zum Einsatz?
Wir nutzen Supervised Learning, also überwachtes Lernen. Dabei handelt es sich um ein Teilgebiet des Machine Learnings, das Wikipedia wie folgt beschreibt: „Maschinelles Lernen ist ein Oberbegriff für die künstliche Generierung von Wissen aus Erfahrung: Ein künstliches System lernt aus Beispielen und kann diese nach Beendigung der Lernphase verallgemeinern. Dazu bauen Algorithmen beim maschinellen Lernen ein statistisches Modell auf, das auf Trainingsdaten beruht.” Genau das machen wir: aus Gegebenheiten der Vergangenheit Vorhersagen für die Zukunft treffen.
Eigentlich kommen Sie aus der Energiewirtschaft, wo Sie Vorhersagen zum Stromverbrauch in der Schweiz erarbeitet haben. Was hat Sie dazu bewogen, ausgerechnet ins Gastgewerbe zu wechseln?
Ich war damals regelmäßig in einer Kantine essen, die unterschiedlich stark frequentiert wurde. Aufgrund der schwankenden Gästezahlen wurden häufig zu wenig Waren eingekauft und mein Essen war in der Folge oft ausverkauft. Das hat mich frustriert. Ich dachte: Es muss doch möglich sein, die Menge an Essen besser vorherzusagen, sodass alle Gäste versorgt werden können. Einige Wochen später, ich hatte den Gedanken schon fast wieder vergessen, war ich in einem Bergrestaurant mit Kassenzone. Ich musste mich zum Bezahlen in einer langen Schlange anstellen. Dabei fiel mir auf, dass andere Kassen gar nicht besetzt waren. Auch hier wussten die Betreiber nicht, wie viele Gäste kommen würden, und hatten daher zu wenig Personal eingeplant. Das war der Ausschlag für mich, gemeinsam mit einem Freund Prognolite zu gründen.
Ihr Unternehmen hat seinen Sitz in der Schweiz, Sie wollen aber bald auch nach Deutschland expandieren. Welches Land ist hinsichtlich KI weiter?
Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass Gastronomen in der Schweiz etwas experimentierfreudiger sind als in Deutschland. Aber das muss ja nicht so bleiben. (Lacht.)
Bei all dem technischen Fortschritt fürchten viele Menschen im gastronomischen Bereich, von einer Maschine ersetzt zu werden und ihre Arbeit zu verlieren. Ist diese Angst berechtigt?
Zum Teil. Sicherlich gibt es Bereiche, in denen künftig nicht mehr so viele Menschen vonnöten sein werden wie heute. Warum sollten beispielsweise Fast-Food-Restaurants, in denen es vor allem auf Geschwindigkeit und Preiseffizienz ankommt, nicht Roboter oder andere Automatisierungstechnologien einsetzen, um mehr Gäste in kürzerer Zeit zu bedienen? Das geschieht ja auch heute schon. Hier geht es vor allem ums Mittagsgeschäft. Ich bin mir aber sicher, dass es immer auch Betriebe geben wird, die bewusst auf den zwischenmenschlichen Kontakt, also die persönliche Kommunikation mit dem Gast setzen. Das wird eher das Abendgeschäft sein. Außerdem gehe ich davon aus, dass die Menschen in Zukunft generell noch öfter auswärts essen gehen werden, was auch eher gegen eine
massive Kündigungswelle im Gastgewerbe spricht. Ganz ohne Menschen ist unsere Branche jedenfalls nicht vorstellbar.
Herr Michel, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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